Versuch einer Annäherung, Buchobjekte


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Mari Emely Bohley

Versuch einer Annäherung

Menschen haben zweierlei Eigentum: ihre Lebenszeit und ihren Eigensinn. Glückliche Menschen, so sagt man, wissen beides miteinander in Einklang zu bringen. Marí Bohley jedenfalls scheint ihre Lebenszeit sehr eigensinnig zu füllen. Und das nicht nur wegen des gewagten Ansinnens, Schrift- und Buchkunst zur finanziellen Daseinsgrundlage zu erheben. Mit zwölf Jahren gestaltete sie ihre ersten Bücher aus alten Geldscheinen, marmoriertem Papier und sicher auch pubertärem Trotz. Weil Marí Bohley sich um eine Lehrstelle bewerben musste, als fehlendes gesellschaftliches Engagement in der Beurteilung noch hinderlicher war als eine Vier in Mathe, konnte sie sich der professionellen Buchbinderei nur über Umwegen nähern. Die Warteschleifen zog sie selbst reflektierend, in Tibet und mit dem Auskurieren einer hartnäckigen Krankheit befasst.1996 begann die damals 23-jährige Hallenserin ein Studium der Kalligraphie und Buchbinderei in London. „Ich war verunsichert und unglücklich, auch wegen der fremden Sprache“, erinnert sie sich. „Aber ich hatte das Gefühl: Da muss ich jetzt durch.“ Und sie lernte. Dass Kalligraphie mehr als verkrampfte Schönschreiberei, Leichtigkeit nur durch disziplinierte Arbeit zu haben ist und Traurigkeit verfliegt, wenn man sich ihr stellt. „Versuch einer Annäherung“ nannte Marí Bohley ihre Diplomarbeit. Ein Künstlerbuch, das die Geschichte einer bedingungslosen Liebe erzählt, deren Kind sie ist. 600 Liebesbriefe hatte ihr Vater geschrieben, ein eigensinniger Mensch auch er dessen Lebenszeit 18 Jahre währte.

„Ich habe es noch während des Studiums geschafft, einen künstlerischen Anspruch an mein Handwerk zu entwickeln“, sagt Marí Bohley. Dass sie sich eine Sicherheit erarbeitet hat. Die Sicherheit, noch ein paar Schritte weiterzugehen. Und so gibt in ihrem Atelier neben dem klassischen Ledergebundenen Meister Eckhart auch ein federfeines „Fliegendes Buch“ und verborgen zwischen zwei weißen Porzellanhügeln: das „Buch des Schweigens“.

Grit Mocci (Sächsischen Zeitung 02/11/2000)

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Webseite der Künstlerin:

Mari Bohley, Buchobjekte

Alle Fotos der Arbeiten von Mari Bohley: zwoacht.de

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